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Stand: 07.04.2020

Pressemitteilung

Klima

Verkehrsministerkonferenz: Wohlfahrts- und Sozialverbände fordern mit Gewerkschaften sozial gerechte Mobilitätspolitik von Bund und Ländern

Die Klimaschutzziele der Bundesregierung können nur mit einer Verkehrswende erreicht werden, die den öffentlichen Verkehr priorisiert, statt Milliarden Euro in den Autobahnbau und fossile Fehlanreize zu stecken. Eine sozial gerechte Verkehrswende kann nur durch eine langfristige Finanzierung von Personal, Angebot und Infrastruktur erfolgen. Die Verbände fordern daher die Verkehrsminister von Bund und Ländern auf, mit zusätzlichen Geldern den öffentlichen Verkehr auszubauen, das
Deutschlandticket langfristig zu sichern sowie im Gegenzug die Dienstwagenbesteuerung
konsequent zu reformieren.
Die aktuelle Besteuerung der Mobilitätsausrichtung ist in Deutschland sozial ungerecht. Besonders Spitzenverdiener mit über 80.000 Euro Bruttoverdienst profitieren von der vergünstigten Dienstwagenbesteuerung, die als fossile Subvention jährlich mehr Steuermittel bindet als das Deutschlandticket Bund und Länder kostet. Dessen Finanzierung und eine sozial gerechtere Ausgestaltung können mit einer konsequenten Reform der Dienstwagenbesteuerung langfristig realisiert werden. Zu diesem Schluss kommt ein breites Bündnis aus Wohlfahrts- und Sozialverbänden und Gewerkschaften. Die rechtlich einfache Novellierung der Dienstwagenbesteuerung ist eine Chance auf mehr Steuergerechtigkeit, eine sozial gerechte Verkehrswende mit Mobilitätsgarantie, weniger
Treibhausgasemissionen und einen beschleunigten Antriebswechsel für Gesellschaft und
Industrie. Zugleich ist das Deutschlandticket schon heute das erfolgreichste Verkehrsprojekt
in der deutschen Geschichte mit mehr als einer Million neuen Fahrgästen und Abonnent:innen. Der ÖPNV ist in seiner Kostenentwicklung erstmals günstiger und nicht teurer geworden. Dieser positive Trend muss von der Politik aktiv vorangetrieben werden, um eine sozial gerechte Verkehrswende zu meistern.

Michael Groß, Präsident der AWOfindet: "Für eine Mobilitätsgarantie müssen die
Verkehrsministerinnen und -minister jährlich mehr Mittel für gut funktionierende Verbindungen in ländlichen Gebieten bereitstellen, denn der ÖPNV muss die Teilhabe von allen Menschen diskriminierungsfrei ermöglichen und die Abhängigkeit vom Auto reduzieren. In den Städten gibt es vergleichsweise dichte ÖPNV-Netze, aber die Straßen sind trotzdem überlastet. Für mehr Verkehrssicherheit in lebenswerten Städten braucht es insgesamt weniger PKW-Verkehrsaufkommen.”

Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, betont: "Das
Deutschlandticket ist ein wichtiger Baustein einer nachhaltigen Verkehrswende. Es muss auf
Dauer gesichert und klimasozial weiterentwickelt werden. Das Deutschlandticket als
Familienticket mit der Möglichkeit der kostenlosen Mitreise auch für ältere Kinder ist der
nächste wichtige Schritt. Denn Bahnreisen und öffentlicher Nahverkehr müssen auch für
einkommensarme Familien erschwinglich sein."

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, schließt daran an
und weist auf die Notwendigkeit eines deutschlandweiten Sozialtickets im Sinne einer
Mobilitätsgarantie auch für ärmere Menschen hin: "Das Sozialticket ist eine Errungenschaft,
die mit Einführung des Deutschlandtickets nicht überflüssig geworden ist. Es ist Zeit, dass
sich die Verkehrsministerinnen und -minister auf eine bundesweite Lösung einigen.”

"Mit dem alljährlichen Fingerhakeln um die Zukunft des Deutschlandtickets muss endlich
Schluss sein", so der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft Martin
Burkert
. "Bund und Länder sollten die Finanzierung jetzt langfristig sichern: Für einen
stabilen Preis, zusätzliche Verkehrsangebote und mehr Personal."

Michaela Engelmeier vom Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) stellt fest: "Wir
brauchen eine neue sozialere Mobilitätspolitik. Es werden Millionen Euro für das unsoziale
Dienstwagenprivileg verschenkt, von dem in der Regel nur Gutverdienende profitieren.
Währenddessen müssen Ärmere jeden Cent zurücklegen, um überhaupt das
Deutschlandticket oder die dringend benötigte Fahrradreparatur bezahlen zu können. Auch
fehlendes Geld für Mobilität kann zu der Vereinsamung von vielen Menschen führen.

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK ergänzt: "Es braucht den Ausbau und
Modernisierungspakt für die zukünftigen Beförderungszahlen im öffentlichen Verkehr.
Ein besonderer Fokus bei Ausbau und Modernisierung muss auf der Herstellung einer
flächendeckenden Barrierefreiheit liegen. Wie das gelingen kann hat das BMDV im
vergangenen Jahr in einer Evaluation untersuchen lassen - jetzt braucht es den politischen
Willen zur Umsetzung.”

Die stellv. ver.di-Vorsitzende Christine Behle: "Wir brauchen endlich eine klare
Perspektive, wie der öffentliche Verkehr die Beförderungszahlen der Zukunft stemmen kann.
Das Herumlavieren von Bund und Ländern beim Ausbau- und Modernisierungspakt muss
ein Ende haben. Die Kommunen dürfen in der Umsetzung der Mobilitätswende nicht allein
gelassen werden. Bund und Länder müssen mindestens 16 Milliarden Euro pro Jahr zur
Modernisierung und zum Ausbau der Infrastruktur und zur Schaffung attraktiver und
konkurrenzfähiger Arbeitsbedingungen und Entgelte zur Verfügung stellen."

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